Diskriminierung? War das gerade eine?

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Ich war sehr talentiert und wollte Grafiker werden. Ausserdem war und bin ich hochgradig kurzsichtig mit einer Korrektur von 23 und 24 Dioptrien in meinen Brillengläsern. Ich habe mich an den Hochschulen zu Mappenprüfungen angemeldet. Dazu werden visuelle Arbeiten eingereicht und die Interessierten, welche nach einer Vorauswahl eingeladen werden, legen eine Prüfung in der jeweiligen Hochschule ab. Danach wird man immatrikuliert oder halt nicht.

Ich war sehr talentiert und wollte Grafiker werden. Ausserdem war und bin ich hochgradig kurzsichtig mit einer Korrektur von 23 und 24 Dioptrien in meinen Brillengläsern. Ich habe mich an den Hochschulen zu Mappenprüfungen angemeldet. Dazu werden visuelle Arbeiten eingereicht und die Interessierten, welche nach einer Vorauswahl eingeladen werden, legen eine Prüfung in der jeweiligen Hochschule ab. Danach wird man immatrikuliert oder halt nicht.

Ich wurde nach der erfolgreich bestandenen ersten Runde zur Prüfung an der Kunsthochschule in Köln, Fachrichtung Grafik Design, eingeladen. Zusammen mit etwa 100 anderen Interessierten kam ich an und suchte die Prüfungsräume. Der Weg dahin war mit DinA4 Zetteln ausgeschildert. Auf mehreren langen Listen standen handschriftlich Nummern, welche im Einladungsschreiben vergeben wrden waren. Wir sollten uns nach unseren Nummern auf die ausgewiesenen Räume im Gebäude verteilen. Ich fragte einen Dozenten, der mit Kollegen dem Pulk von Leuten beim Wege suchen zusah, ob er mir den Weg zu den Prüfungsräumen beschreiben könnte. Er drehte sich zu seinen Kollegen um und fragte "Wenn die nicht mal lesen können, was genau wollen die dann hier? Studieren kann's ja nicht sein..."

Dass so etwas eine schwere Form der Diskriminierung darstellte, war mir nicht bewusst. Das Konzept der Diskriminierung als solche und das ich als Mensch mit Behinderung Rechte und Möglichkeiten habe, mich davor zu schützen, war mir auch nicht bewußt. Für mich war der Mann einfach nur ein *hier bitte persönlich bevorzugtes Diss-Wort einsetzen*.

Für mich bleibt daran spannend, das ich damals nur in der Lage war, persönlich betroffen auf diese Erfahrung zu reagieren. Ich habe sie damals nicht als eine Diskriminierung eines Menschen mit Behinderung begriffen. Ich sah mich nicht in der Lage, die Erfahrung aus einer anderen Position als die zwischen mir und einer anderen Person zu sehen. Heute sehe ich die Situation als ein Problem auf einer anderen Ebene. Eine Hochschule als ein Ort der Lehre, die zulässt, dass solche Einstellungen gegenüber Menschen bei Dozenten vorherrschen kann, hat ein Problem, nicht ich. Heute würde ich mit der Hochschule in Kommunikation treten, über die Schwerbehindertenvertretung nach Lösungen suchen und mit dem Dozenten persönlich reden. Ich würde eine solche Einstellung nicht mehr als persönliche Sicht eines anderen akzeptieren, sondern auf seine Verantwortung gegnüber seiner Professur und der Institution, für die er tätig ist, hinweisen.

Dafür musste mir erst klarwerden, dass ich den Vorfall persönlich als verletzend, gleichzeitig aber im Kontext der Institution Hochschule und des Studiums als nicht relevant erlebt habe. Es war ja nur ein Einzelfall, der nichts mit der Hochschule "an und für sich" zu tun hatte. Auch mein Umfeld hat die Bemerkung des Dozenten als verletzend beschrieben, eine Verantwortung der Hochschule aber nicht mal abstrakt in Betracht gezogen.

Insofern sehe ich dieses Erlebnis im Rückblick als Lernerfahrung, die mir zumindest geholfen hat, achtsamer und reflektierter auf solche und ähnliche Situationen zu reagieren.

 

(Veröffentlicht von Thomas, 2016)